KINDER ZEIGEN IN IHRER TRAUER SEHR WECHSELHAFTE GEFÜHLE
Eben waren sie noch tieftraurig, und gleich darauf lachen sie wieder vergnügt. Kinder leben in der Gegenwart und machen das, was sie gerade machen, mit Hingabe. Sie beschäftigen sich kaum mit Gedanken über Kommendes und können Gefühle nebeneinander stehen lassen. Das ermöglicht ihnen, mit den intensiven Gefühlen umzugehen, die während der Trauer auftauchen.
KINDER TRAUERN ANDERS ALS ERWACHSENE - SIE TRAUERN AUF IHRE WEISE
Sie drücken ihre Trauer weniger über die Sprache aus, weil ihnen die Reife und die Worte fehlen, um ihre Gefühle benennen zu können.
KINDER DRÜCKEN IHRE TRAUER IM SPIEL AUS
Ihre Gefühlswelt und ihre Gedanken spiegeln sich im Spiel, beim Malen und in anderen Aktivitäten wider. In Rollenspielen bspw. spielen sie das Erlebte nach und verarbeiten es dadurch. Dabei zeigen sich sprunghafte Wechsel von Traurigkeit zu Spiel und Spaß.
KINDER DRÜCKEN IHRE TRAUER IN VERÄNDERTEN VERHALTENSWEISEN AUS
Kinder werden im Trauerprozess von Emotionen überwältigt und begreifen nicht, was mit ihnen geschieht. Sie wollen möglichst "normal" sein und versuchen alles, was sie verunsichert, zu verdrängen. Wenn man ihnen dann keine Gefühlsregungen anmerkt und sie weiterleben, als sei nichts passiert, sind Erwachsene besonders irritiert und verunsichert.
TRAUER DRÜCKT SICH NICHT NUR IN TRÄNEN AUS
Die Vorstellungen über Sterben und Tod sind bei Kindern sehr unterschiedlich. Sie sind abhängig von eigenen Erfahrungen mit diesem Thema, von Familiensituation und Wissensstand etc. Dennoch lassen sich grundsätzliche Aussagen darüber machen, welche Vorstellungen Kinder in verschiedenen Altersstufen haben.
Kinder bis zu drei Jahren
In diesem Alter verbinden Kinder keine Vorstellungen mit den Begriffen Tod und Sterben. Sie können sich die Welt nur als lebendig vorstellen (Teddy muss gestreichelt werden). Tot sein und weg sein sind gleichbedeutend. Die Abwesenheit eines geliebten Menschen löst eine traurige Stimmung aus.
Kinder zwischen drei und sechs Jahren
Die Kinder lernen in dieser Zeit, dass es Übergänge von beweglich zu unbeweglich – von lebendig zu tot gibt. Tot sein und wieder lebendig sein gehört zu ihrem Spielalltag. Dabei wird der Tod noch nicht als etwas Endgültiges erlebt, weil die Zeitvorstellung dafür fehlt. Der Tod wird als vorübergehender Zustand des Schlafens oder der Reise angesehen – als eine Art Abwesenheit, die sich wieder auflöst. Der Tod wird auch nicht als unvermeidlich erfasst. Durch bestimmte Verhaltensweisen kann er vermieden werden (verstecken). Er ereilt nicht sie selbst, sondern nur einige andere Menschen. Kinder in diesem Alter sind neugierig zu erfahren, was es mit dem Tod auf sich hat. Die entsprechenden Gefühle, die der Tod auslöst, fehlen noch.
Kinder von sechs bis neun Jahren
Das sachliche Interesse am Tod ist jetzt am größten. Am Ende dieser Altersstufe interessieren sich Kinder nüchtern und wissbegierig für alles, was mit Tod, Leichen, Beerdigung, Friedhof usw. zu tun hat. Ihnen wird bewusst, dass der Tod etwas Dauerhaftes und Endgültiges ist. Sie stellen sich den Tod personifiziert vor (Sensenmann, Skelett) und verbinden mit ihm nun auch entsprechende Gefühle, Trauer und Angst. Ängste vor dem Tod der Eltern treten auf. Mit ca. acht Jahren wird das Sterben auch als eigenes Schicksal angenommen. Die Frage taucht auf, was nach dem Tod kommt. Die Kinder beginnen, bei dem für sie unannehmbaren und unerträglichen Gedanken des eigenen Sterbens an die Unsterblichkeit des Menschen zu glauben.
Kinder von zehn bis zwölf Jahren
Kinder in dieser Altersstufe wollen die Realität begreifen. Einige haben auch schon eigene Erfahrungen mit Sterben und Tod gemacht (Großeltern, Tiere). Sie empfinden die gleichen Trauergefühle wie Erwachsene und haben ernsthafte Befürchtungen um den Verlust geliebter Menschen. Das Bewusstsein, selbst älter zu werden und sterben zu müssen, ist entwickelt.
Jugendliche ab zwölf Jahren
Sie können die Endgültigkeit und die Bedeutung des Todes emotional weitreichend erfassen. Alle wesent-lichen Denkmuster, die auch Erwachsene haben, sind ihnen kognitiv zugänglich. Abwehr und Unbehagen dem Tod gegenüber können sie schroff formuliert zum Ausdruck bringen. Der Tod wird als unausweichliches Ereignis akzeptiert.
... EINE VORBEREITUNG AUF DAS EREIGNIS DES TODES
Kinder sollten behutsam auf die Themen Sterben und Tod vorbereitet werden, besonders, wenn ein nahes Familienmitglied im Sterben liegt.
... INFORMATIONEN
Für Kinder ist es wichtig, in den Prozess der Trauer mit einbezogen zu werden. Bemühungen, das Kind schützen zu wollen, können dem Kind sehr schaden. Kinder spüren, wenn etwas nicht stimmt und fühlen sich ausgeschlossen, wenn niemand mit ihnen darüber spricht. Kinder haben das Recht zu erfahren, was passiert ist. Sie sollten kindgerecht über die Umstände des Todes informiert werden - was geschehen ist und was die nächsten Schritte sind. Erwachsene sollten nie ausweichend oder vertröstend auf die Fragen des Kindes antworten, in der Hoffnung, das Kind würde wieder vergessen, was der Erwachsene nicht beantworten will oder kann. Erwachsene können einen guten Zugang zu Kindern finden, wenn sie ihre Fragen ehrlich und offen beantworten, ohne zu sehr ins Detail zu gehen. Kinder fragen von sich aus (meist sehr direkt), wenn sie mehr wissen wollen und beenden ihr Fragen von selbst, wenn sie genug erfahren haben. Es ist normal, dass kleine Kinder ihre Fragen über den Tod wiederholen. Sie lernen durch Wiederholungen und müssen deshalb immer wieder die Geschichte des Geschehenen hören.
... KEINE SPRÜCHE UND AUSFLÜCHTE
Umschreibende Formulierungen, die das Kind vermeintlich schützen sollen, verwirren und verunsichern es mehr, als dass sie ihm helfen. Wer mit Kindern über den Tod spricht, sollte konkrete und einfache Worte wählen. Den Tod abmildernde Umschreibungen können Ängste und Schuldgefühle hervorrufen.
Beispiele:
"Opa ist für lange Zeit weggegangen" - Warum ist er einfach verschwunden? Folge: Wut, Schuldgefühle
"Oma ist eingeschlafen" - Schlaf und Tod sind dasselbe. Folge: Einschlaf- und Schlafstörungen
"Wir haben Opa verloren": Kein Problem, dann müssen wir Opa eben suchen!
"Du bringst mich mit deiner ewigen Fragerei noch ins Grab" - Folge: Ängste und Schuldgefühle
... DEN REALEN ABSCHIED VOM VERSTORBENEN
Kinder, sofern sie es wünschen, sollten in die wichtigen Dingen einbezogen werden, die im Zusammenhang mit dem Tod bzw. dem Verstorbenen stehen (Abschied nehmen, Gestaltung der Trauerfeier usw.). Nachdem mit dem Kind über die Trauerfeier gesprochen wurde und ihm der Ablauf und die Umstände in altersgerechter Sprache erklärt wurden, sollte es sich entscheiden können, ob es an der Trauerfeier teilnehmen möchte oder nicht. Es sollte an der Seite eines vertrauten Menschen den Abschied in der Geborgenheit und im Schutz spürbarer Nähe erleben dürfen. Man sollte darauf vorbereitet sein, dass das Kind seine Meinung kurz vor oder während der Beisetzung ändert. Es sollte dann die Möglichkeit bestehen, dass das Kind die Trauerfeier mit seiner Begleitperson verlassen kann.
... AUFMERKSAME BEGLEITER
Alle Fragen des Kindes sollten offen und ehrlich beantwortet werden, jedoch mit Einfühlungsvermögen und Vorsicht (Wie hast du dir das gedacht?) Diese Behutsamkeit ermöglicht es, die kindlichen Vorstellungen zu erkunden und vermeidet eine Überforderung des Kindes. Ein Kind verlangt mit seiner Frage keine wissenschaftliche Erklärung, sondern Beruhigung und Klärung. Bei kindlichen Fragen ist immer auf die Motivation der Frage zwischen den Zeilen zu achten. Am Ende eines Gespräches sollte immer gefragt werden, ob das Kind mit der Antwort zufrieden ist bzw. ob ihm die Antwort ausreicht.
... MÖGLICHKEITEN, GEFÜHLE AUSZULEBEN
Erwachsene sind ein gutes Beispiel für Kinder, wenn sie ihre eigenen Gefühle zeigen und ausdrücken. Es entlastet das Kind, wenn es spürt, dass es weinen und Gefühle zeigen darf. Andererseits kann es zu einer Flucht in die Empfindungslosigkeit führen, wenn Gefühle abgewürgt werden und der gegenwärtige Schmerz geleugnet wird - wenn so getan wird, als ob der Verstorbene nicht fehlen würde.
... KONTINUITÄT UND VERLÄSSLICHKEIT
Wenn ein Todesfall eintritt, kommen meist andere Veränderungen hinzu. In der ersten Zeit erleichtert Routine das Leben, weil sie dem Kind verlässliche Sicherheit und Beständigkeit vermittelt. Sie helfen, Ängste abzubauen oder gar nicht erst aufkommen zu lassen. Routine und Rituale sind wichtig - dazu gehört auch der gewohnte Ablauf des Schulalltags. Es sollte darauf gehört werden, was das Kind möchte, aber auch darauf geachtet werden, dass gewohnte Alltagsstrukturen beibehalten werden.
... RITUALE
Rituale, Symbole und "Spiele" helfen dem Kind, seine Trauer auszurücken, auszuleben und zu verarbeiten. Der Tod wird nicht verdrängt, sondern gemeinsam und aktiv bearbeitet.
... NONVERBALE AUSDRUCKSFORMEN
Im Spiel, beim Malen usw., aber auch über die Motorik können Kinder ihre Trauer ausdrücken. Es ist darauf zu achten, dass hier von Seiten der Erwachsenen immer wieder Impulse gesetzt werden, um die Ausdrucksformen des Kindes anzuregen.
... ERINNERUNGEN
Um Kinder zu schützen, wird manchmal alles beseitigt, was an den Verstorbenen erinnert. Doch es tut Erwachsenen und Kindern gut, wenn sie sich gemeinsam an den Verstorbenen erinnern können. Das verbindet die Hinterbliebenen, und der Verstorbene erhält einen Platz in ihrem Leben.
... ORTE DER BESINNUNG
Es ist wichtig, Kinder aus einer passiven Rolle herauszuholen und - gemeinsam mit ihnen - z. B. eine "Gedenkecke" einzurichten. An diesem Ort der Besinnung können sie inne halten, sich erinnern und Gefühle äußern. In diese Ecke können Dinge gelegt werden, die an den Verstorbenen erinnern. Hierher können Kinder auch ihre Bilder und Gebasteltes bringen, die sie für den Verstorbenen angefertigt haben. Ältere Kinder können auch einen Brief schreiben. Es ist ein tröstliches und entlastendes Gefühl, für den Verstorbenen noch etwas tun zu können.
... HOFFNUNG UND TROST
Glaubensvorstellungen über ein Weiterleben nach dem Tod, bildreiche und hoffnungsvolle Texte (z. B. aus der Bibel) können Kindern Trost und Halt bieten.
... AUCH "TRAUERFREIE" PHASEN
Trauer ist anstrengend. Phasen des Spielens, des Lachens und der Unbeschwertheit zwischen den Phasen der Traurigkeit sind wichtig, damit sich das Kind erholen und diese schwere Zeit überstehen kann.
Titel: Abschied von der kleinen Raupe
Autor: Heike Saalfrank, Eva Goede
Für Kinder ab 3 Jahren
Titel: Abschied von Opa Elefant
Autor: Isabel Abedi, Miriam Cordes
Für Kinder ab 3 Jahren
Titel: Über den großen Fluss
Autor: Armin Beuscher, Cornelia Haas
Für Kinder ab 3 Jahren
Titel: Ein Himmel für Oma.
Ein Bilderbuch über das Sterben und den Tod
Autor: Antonie Schneider
Für Kinder ab 4 Jahren
Titel: Ente, Tod und Tulpe
Autor: Wolf Erlbruch
Für Kinder ab 4 Jahren
Titel: Leb wohl, lieber Dachs
Autor: Susan Varley
Für Kinder ab 4 Jahren
Titel: Hat Opa einen Anzug an?
Autor: Amelie Fried, Jacky Gleich
Für Kinder ab 4 Jahren
Titel: Pele und das neue Leben.
Eine Geschichte von Tod und Leben
Autor: Regine Schindler, Hilde Heyduck-Huth
Für Kinder ab 4 Jahren
Titel: Abschied von Rune
Autor: Marit Kaldhol, Wenche Oeyen
Für Kinder ab 5 Jahren
Titel: Adieu, Herr Muffin
Autor: Ulf Nilsson, Anna-Clara Tidholm
Für Kinder ab 5 Jahren
Titel: Der alte Bär muss Abschied nehmen.
Eine Bilderbuchgeschichte über den Tod
Autor: Udo Weigelt, Christina Kadmon
Für Kinder ab 5 Jahren
Titel: Die besten Beerdigungen der Welt
Autor: Ulf Nilsson
Für Kinder ab 5 Jahren
Titel: Du wirst immer bei mir sein
Autor: Inger Hermann, Carme Sole-Vendrell
Für Kinder ab 5 Jahren
Titel: Nie mehr Oma-Lina-Tag?
Autor: Hermien Stellmacher, Jan Lieffering
Für Kinder ab 5 Jahren
Titel: Servus Opa, sagte ich leise
Autor: Elfie Donnelly
Für Kinder ab 7 Jahren
Titel: Wohnst du jetzt im Himmel?
Traueralbum zur eigenen Gestaltung
Autor: Jo Eckardt
Für Kinder ab 8 Jahren
Titel: Bis dann, Simon
Autor: David Hill
Für Jugendliche ab 12 Jahren
Titel: Und wenn ich falle? Vom Mut, traurig zu sein
Autor: Marie-Therese Schins
Ein Buch von Jugendlichen für Jugendliche
Titel: Kinder trauern anders.
Wie wir sie einfühlsam und richtig begleiten
Autor: Gertrud Ennulat
Für Erwachsene
Lacrima
Zentrum für trauernde Kinder, Jugendliche und deren Angehörige
Ansprechpartnerin: Ursula Gubo
Euckenweg 13
90471 Nürnberg
Tel. 0911 - 39440620
www.johanniter.de/bayern
www.lacrima-mittelfranken.de
Trauerbegleitung, Trauergruppen für Kinder und Jugendliche
KHD – Kinder-Hospiz-Dienst, Erlangen
Hospiz Verein Erlangen e.V.
Rathenaustr. 17
91052 Erlangen
Tel. 09131 – 940560
www.hospiz-erlangen.de
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